Tierisch getäuscht! Kunstpelz ist oft echt.
Ob Stiftung Warentest, die SWR-Sendung Marktcheck oder die umfassenden Einkaufsstichproben des Deutschen Tierschutzverbundes gemeinsam mit den Vier Pfoten – alle kamen sie zu demselben Ergebnis: Kunstpelz ist oft echt. Wieso? Das Fell von Marderhunden aus China ist meist günstiger als Kunstfell. Denn: Dort wo es kein Tierschutzgesetz, niedrige Löhne, aber auch geringe Umweltstandards gibt, dort können Tiere in riesigen Farmen unter erbärmlichen Zuständen gezüchtet werden. Und auch wenn die Qualität nicht für den Designermantel ausreicht, für den Besatz am Kragen reicht es allemal. Noch dazu, wenn der Pelz als Kunstpelz gekennzeichnet ist.
Plus – wissen Verkäufer:innen oftmals selbst nicht, ob es sich bei dem Pelzbesatz deiner potenziell neuen Jacke um Echtpelz handelt. Wieso? Auch wenn laut EU-Verordnung der Hinweis „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ anzugeben ist, halten sich Hersteller nicht dran. Der Grund: Für falsche Deklarationen gibt es keine ernst zu nehmenden Konsequenzen. Von dem ganz abgesehen finden Kontrollen kaum statt.
Misstrauen ist gut, Anzeichen erkennen ist besser.
Wie gesagt: Viele Verkäufer:innen können dir bei deinen Pelzfragen nicht weiterhelfen. Im ersten Moment – schlecht für dich. Doch nicht verzagen, wenn du auf diese Anzeichen achtest, ist noch nichts verloren:
- „100 % Polyester – Kunstfell separat waschen“ – Tests haben gezeigt, dass Produkte, die mit diesem Satz gekennzeichnet waren, aus Echtfell bestanden.
- 100 % Polyester oder Acryl heißt gar nichts. Wirklich gar nicht.
- Finger weg von Produkten mit diesen Fantasienamen: Loup d’Asie, Gaewolf, Bio-Wolf, Corsac Fox, Lipi, Maopee oder auch Goyangi. Dahinter verbirgt sich Katzen- und Hundefell/-leder. Aber auch Finn Raccoon oder Chinese Raccoon. Was sich dahinter verbirgt? Marderhund!
- Last but not least: Die EU-Kennzeichnungsverordnung mit dem Hinweis „enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“. Alles klar? Echt?
Verwirrung EU-Kennzeichnungsverordnung.
Vom einfachen T-Shirt bis hin zur Bettdecke – die EU-Kennzeichnungsverordnung informiert uns Verbraucher:innen über die Zusammensetzung von Textilprodukten. Plus: Zum allerersten Mal wird mit dem Hinweis „Enthält nichttextil Teile tierischen Ursprungs“ auf Pelz, Leder oder Daune hingewiesen. Theoretisch zumindest. Doch und da kommt „mein“ ABER:
- Der vage Hinweis „Enthält nichttextil Teile tierischen Ursprungs“ gilt nur für Textilien, deren Gewichtsanteil an Textilfasern mindestens 80 % beträgt. Alle Produkte, die weniger als 80 % aus Textilfaser bestehen (z. B. 70 % textil vs. 30 % nichttextil), unterliegen keiner Kennzeichnungspflicht. Auch wenn tierische Bestandteile wie beispielsweise Pelz, Daune oder Leder enthalten sind. Die Begründung: Es handle sich dabei um keine Textilerzeugnisse mehr.
- Ich hoffe du magst Überraschungen. Denn in der Praxis weißt du nicht, ob „nur“ das Patch aus Leder, die Knöpfe aus Horn, der Kragen aus Pelz oder das Füllmaterial aus Daunen sind. Wieso? Darüber gibt der Hinweis „Enthält nichttextil Teile tierischen Ursprungs“ keine Auskunft.
- Was noch verborgen bleibt: die Herkunft oder Art des verstorbenen Tieres. Aber auch die Haltungsbedingungen.
- Auch gut zu wissen: Schuhe und Accessoires unterliegen keiner Kennzeichnungspflicht.
- Die Digitalisierung bringt zwar viel – wenig jedoch für die Kennzeichnung von nichttextilen Teile. So sind Onlineshops von der Kennzeichnung ausgeschlossen. Doch was solls? Wer kauft heute schon digital?
Was also tun?
Echtpelz von Kunstpelz unterscheiden: Drei einfache Selbsttests
Ähnlich farbenfroh wie die Lichterketten präsentieren sich mir die vorbeispazierenden Pelzkragen, die den Hals der Spaziergänger:innen wärmen. Orange, gelb, grün, aber auch natur. Geflochten, geschoren und zurechtgezupft. Wieso? Vielleicht mit der Absicht, dass sie nicht allzu leicht als echtes Fell zu identifizieren sind. Kunstpelze fühlen sich schon lange nicht mehr rau und klebrig an, diese Zeit ist vorüber. Was also ist echt, was ist Faux Fur?
1. Sehen: Schau genau – was verbirgt sich darunter?
Zieh das Oberhaar des Fells auseinander. Bei Kunstpelz wirst du auf eine Textilschicht stoßen, die genäht ist. Also künstlich gewebtes Muster oder Stoff. Wohingegen bei echtem Fell eine Lederschicht sichtbar wird. Plus. Bei Echtfell lässt sich manchmal eine Unterwolle erkennen. Ganz fein, dicht und flauschig – eben Haare, die das Tier in der Natur warm halten.
2. Pusten: Pusten. Pusten. Und nochmals pusten.
Pustest du auf echten Pelz, so legen sich die Härchen zur Seite. Bei Kunstpelz passiert gar nichts. Die einzelnen Härchen bleiben starr und bewegen sich kaum.
3. Riechen: Der Zündel-Test.
Verbrenne ein paar einzelne Haare aus dem Pelz. Während bei Kunstfell die Haare zu kleinen, harten Klümpchen verschmelzen und es stark nach Plastik riecht, zerfallen die Haare bei echtem Tier und es riecht unverkennbar nach verbranntem Haar. Eh klar. Aber ich will es dennoch gesagt haben: Der Test sollte nur durchgeführt werden, wenn du das Produkt bereits bezahlt hast.
Übrigens. Es gibt sie! Modefirmen, die bereits heute gänzlich auf Pelz verzichten. Die Initiative „Fur Free Retailer“ bestätigt, dass keine Produkte hergestellt oder verkauft werden, die echten Pelz beinhalten. Eine Auflistung der Unternehmen findest du hier. Und so können wir als Konsument:innen gespannt sein. Besser noch: wachsam.
In eigener Sache.
Ich glaub, ich steh’ in der Wildnis – aber wo sind die Tiere hin? 95 Millionen Nerze, Marderhunde, Füchse und andere Tierarten sterben jährlich für Pelzprodukte. Willst auch du etwas dagegen tun? Unterstütze die Petition der Vier Pfoten. Denn mit jeder Stimme – und ja mit jeder – können wir die Modeindustrie, aber auch die Politik zum Umdenken bewegen. Denn, wo gehören die Tiere eigentlich hin? Richtig: in die Wildnis.
Liebe Grüße ich
by Nadina Ruedl
Mehr dazu erfährst du auf meinem YouTube-Kanal „Vegan. Mehr als nur Essen. Liebe Grüße ich„.
Quelle:
- Fur Free Alliance; Environment and Health (local pollution, biodiversity loss, toxics in fur, climate impacts)
- Amtsblatt der Europäischen Union; Verordnung (EU) Nr. 1007/2011
- RIS; Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Textilkennzeichnungsverordnung.
- RIS; Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, 274. Verordnung: Kennzeichnung der Beschaffenheit und Pflege von Pelz.
- WKO; Textilkennzeichungsverordnung.
- VGT; Pressemitteilung: Kennzeichnungspflicht für Leder, Pelz und co.
- VGT; Pressemitteilung: Tierpelz oder Kunstpelz?
- Dei Zeit; Die Pelzfrage.
- konsument; Pelzhandel.
- Tierschutzbund Deutschland; Pressemeldung: Recherche von Tierschützern offenbart Verbraucher-täuschung: Echtpelz als Kunstfell gekennzeichnet
- Vier Pfoten; Pressemitteilung: Von wegen „Naturprodukt“: Pelz ist alles andere als umweltfreundlich.
- Vier Pfoten: Echtpelz oder Kunstpelz?
- Peta; Pelz: Alles was Sie über die Pelzindustrie wissen sollten.