Etwa 70 Prozent unserer Kaufentscheidungen treffen wir nicht beim Schreiben unserer Einkaufsliste. Wir treffen sie spontan vor dem Regal im Supermarkt. Und mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf werden Märkte gestaltet. So kommt es auch, dass wir optimistisch, ohne unsere Einkaufstasche in den Supermarkt gehen und vollbepackt mit neuen Einkaufstaschen wieder herauskommen. Was aber steckt hinter den psychologischen Tricks der Marketing-Gurus und Shopping-Forscher:innen?
Teil 1: Diese 7 Supermarkt-Tricks werden teuer
1. Die Größe macht den Unterschied. Nämlich die Wagengröße.
Wer kennt das nicht: gähnende Leere im Einkaufswagen? Wen aber wundert es bei den Mammut-Wägen, die nur ein Familien-Großeinkauf füllen könnte. Bei 100 bis 150 Liter Platz wirken unsere Handvoll an nötigen Einkäufe echt mickrig. Und so kommt es, dass im Schnitt um 40 Prozent mehr eingekauft wird, weil die kleine Packung Dinkel Spaghetti, BIO-Tomaten und der vegane Käse dann nicht so einsam und verloren im großen Wagen aussehen. Adieu 15 Euro, die wir durchschnittlich pro Einkauf ausgeben.
2. Hereinspaziert! Und hiergeblieben.
Neun!Zehn!Grad! Das ist unsere exakte Wohlfühl-Konsum-Temperatur. Denn so ist es uns weder zu warm noch zu kalt und unsere Einkaufslust steigt. Noch dazu reagiert unser Unterbewusstsein sehr stark auf Musik. Genauer gesagt: Musikstücke mit 72 Bassschlägen pro Minute (im Takt unseres Herzschlags) beschallen uns im Hintergrund. Geschmacklich abgestimmt auf die Uhrzeit. Wieso? Je nach Uhrzeit ändern sich die Kundengruppen, die das Geschäft betreten. So nehmen sowohl die Temperatur als auch die Geschwindigkeit der Musik Einfluss auf die Aufenthaltsdauer im Markt. Und wer länger bleibt, kauft mehr. No big surprise!
3. Der Rubel rollt - gegen den Uhrzeigersinn.
Hast du dich schon einmal gefragt, warum der Eingang von Supermärkten immer rechts ist? Und der Weg zur Kassa gegen den Uhrzeigersinn führt, also von rechts nach links? Konsumforscher:innen haben herausgefunden, dass unser Wohlbefinden dadurch steigt. Und wer sich wohlfühlt, kauft mehr. Satte 10 Prozent mehr!
Plus. Ungefähr 85 Prozent der Bevölkerung sind Rechtshänder und diese orientieren sich automatisch eher nach rechts. Noch dazu greifen sie mit der rechten Hand zu. Und jetzt, rate mal, wo Supermarkt ihre teuren Premium-Produkte positionieren? Natürlich auf der rechten Seite. Produkte mit Discounter-Preisen findest du eher links.
4. Bücken lohnt sich.
Nicht nur beim Sport lohnt sich das Bücken und Strecken. Denn: Wer träge ist, zahlt beim Einkaufen am Ende mehr. So befinden sich auf Kniehöhe und darunter, aber auch ausgestreckt und auf den Zehenspitzen stehend, die preiswerten Produkte. Waren, bei denen Supermärkte nicht unbedingt wollen, dass wir sie kaufen. Klar doch. Befinden sich die teuren Markenprodukte mit hohem Impulskauf-Potenzial auf Augenhöhe. Und gerade wenn wir es eilig haben, nehmen wir oft nur Produkte auf Augenhöhe war.
Um in der sogenannten Griff- oder Sichtzone platziert zu sein, zahlen Hersteller meist “placement fees”. Gebühren, die wir mit dem Griff zum wohlplatzierten Produkt natürlich mitbezahlen. Also. Bücken lohnt sich.
5. Die Regaltrichter.
Vorsicht vor Endcaps, also den Stirnseiten der Regale! Dort befinden sich meist Produkte mit überdurchschnittlich hohen Gewinnen. Schau also einmal ganz bewusst gerade aus, wenn du durch die Gänge schlenderst. Unterbewusst machst du das sowieso. Und weil wir so ticken – greifen wir überdurchschnittlich oft zu diesen Waren.
6. Der Gütesiegel-Wirrwarr.
7. Her mit dem Kleingedruckten.
Wer hat noch nie von ihr gehört – der geschrumpften Milka Tafel? Was sich nach einem schlechten Scherz anhört, ist mein purer Ernst. Denn auf diese Art und Weise sind Preissteigerungen für uns nicht sofort zu erkennen. So kann es schon einmal vorkommen, dass die Verpackung eines Produktes unverändert bleibt, das Gewicht jedoch schrumpft. Und wir als Konsument:innen schlussendlich mehr für unser Produkt bezahlen, ohne es auf einem Preisschild zu erkennen. Warum Hersteller so etwas machen, fragst du dich? Wir Konsument:innen haben Preispunkte wie beispielsweise „1,99 Euro“ im Kopf. Eine offensichtliche Preiserhöhung würde uns auffallen. Deswegen – Simsalabim – und die Tafel Schokolade beträgt anstelle der 300 Gramm nur 280 Gramm. Was also kannst du tun? Erstens: immer auf den Grundpreis pro 100 Gramm oder Kilo achten. Auch wenn dieser Hinweis unfassbar klein angegeben ist. Und zweitens: Brille nicht vergessen 😉
Auch Großpackungen funktionieren genau nach diesem Prinzip. Und so kostet eine Großpackung Waschmittel vielleicht gleich viel wie zwei ganz reguläre kleine Packungen. Also immer auf den Grundpreis pro Stück achten.
Eines ist klar: Supermärkte sind kein Wohltätigkeitsverein. Und die Liste an listigen Supermarkt-Tricks, die uns im Inneren der Märkte erwartet, ist lang. Wer also bewusst konsumieren will, achtet auf mehr als nur BIO, Regional oder Vegan. Und so bedeutet eine bewusste Auseinandersetzung mit unseren Lebensmitteln eben auch, die Tricks der Supermärkte zu kennen, um sich nicht manipulieren zu lassen. Das Schöne daran: Jeder von uns kann mit seiner Kaufentscheidung etwas beeinflussen. Und gute Marken unterstützen. Also. Los gehts. Du weißt ja nun, wie der Laden läuft.
Liebe Grüße ich
by Nadina Ruedl
Mehr dazu erfährst du auf meinem YouTube-Kanal „Vegan. Mehr als nur Essen. Liebe Grüße ich„.
Quellen:
- Mittelstaedt M.; Konsumentenpsychologie und Konsumentenverhalten: Marketingpsychologie-Kunden verstehen und lesen.
- International Journal of Business and Social Science; Research Factors that Influence on Impulse Purchasing Behavior of Consumers in Supermarket.
- Rohwetter M., Ramge T.; Nimm 2, zahl 3: Die Kunst des klugen Kaufens.
- Dorothea Baun; Ergänzende Studie: Der Impulskauf und Seine Bedeutung für Handel und Konsument.
- Statista; Supermärkte in Österreich.
- oe1.orf.at; Verfuehrung-im-Supermarkt.
- Paradisi; Links- oder Rechtshänder? Die Gehirnsymmetrie entscheidet.
- Stern.de; Verbraucherschützer warnen vor diesen 5 Supermarkt-Tricks.